Kirche im Autokino

Pfarrer Lutz Martini
Pfarrer Lutz Martini

Gut gefüllt war der Parkplatz am Neanderbad beim ersten Gottesdienst im Autokino am Sonntagmorgen. Thomas Rüttgers vom Weltspiegel-Kino in Mettmann hat der Gemeinde die Technik für den Gottesdienst zur Verfügung gestellt.  Er hat genauso zum Gelingen des Gottesdienstes beigetragen wie Senad Haznadar der seinen Pritschenwagen aus dem Garten- und Landschaftsbau als Bühne bereitgestellt hat. Die Predigt die Sie im Folgenden nachlesen können hielt Pfarrer Lutz Martini.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Mitchristen aus Hochdahl und Umgebung hier im Autokino.

Der heutige Sonntag hat im Kirchenkalender einen merkwürdigen Namen: „Quasimodogeniti“ – das heißt wie die neugeborenen Kinder. Der Name kommt aus der alten gregorianischen Eingangsliturgie des Gottesdienstes am Sonntag nach Ostern.

Der Name des Sonntags Quasimodogeniti war auch Namensgeber für Quasimodo, dem hässlichen, tauben Glöckner aus dem Roman von Victor Hugo „Notre Dame de Paris“. Quasimodo lag als Findelkind am Sonntag Quasimodogeniti auf den Stufen der Kirche Norte Dame. Vielfach ist dieser Roman auch verfilmt worden. Quasimodo und die von ihm angebetete Esmeralda wurden schon von Charles Laughton und Maureen O´Hara und auch von Anthony Quinn und Gina Lollobrigida gespielt.Damit wären wir an diesem Sonntag auch hier im Kino richtig angekommen.

Aber es gibt heute keinen Filmklassiker, sondern einen analogen Gottesdienst unter Mithilfe von Kinotechnik. Was brauchen wir in der Zeit von dieser Corona-Pandemie, die die ganze Welt verändert? Ganz bestimmt keinen Katastrophenfilm! Wenn Sie mal im Flugzeug unterwegs sind, vielleicht im nächsten Jahr wieder… Dann wird es im Bordunterhaltungsprogramm keinen Katastrophenfilm geben, ganz bestimmt keinen Film über einen Flugzeugabsturz. Und auch wir brauchen keine aufwändig inszenierten Weltuntergangsdramen. Was wir brauchen ist Hoffnung!

Eine Hoffnung, die mehr ist als das eigene mutmachende Pfeifen im dunklen Wald. Eine Hoffnung, die auch schwierigen Zeiten und Lebensumständen standhält. Und weil Hoffnung auch mit Zukunft zu tun hat, muss eine gute und begründete Hoffnung auch die Kraft in sich haben, über das Jetzt hinaus in einer sehr positiven Weise auf die Zukunft weisen zu können. All das findet sich in einem Hoffnungswort der Bibel im Neuen Testament im Hebräerbrief. Da heißt es: „Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheißen hat.“

Der Hebräerbrief war an eine jüdisch-christliche Gemeinde gerichtet, die nach ihrer Herkunftssprache hebräisch Hebräer genannt wurde. Die Gemeinde lebte in einer Zeit, als der Virus des Misstrauens, der Intoleranz, des Neids, des Aberglaubens, der Missachtung von Würde und Freiheit des Menschen grausame Christenverfolgungen hervorrief. Die Gesellschaft war verseucht von bösartigem Denken und Tun, das die jungen Christengemeinden in große Angst und ganz konkrete Bedrohung versetzte.

Den Kopf einziehen, die Füße ruhig halten, sich unauffällig geben, um zu überleben, das war für Christen eine Überlebensstrategie. Dabei aber verloren sie auch den Mut, dabei drohte ihr Glaube so langsam zu verdunsten. Da hinein kommt das Wort, das die Hebräer damals und wir heute brauchen: „Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung; und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheißen hat.“

Ein Bekenntnis hat zwei Perspektiven: Es schaut zurück und macht sich fest an dem, was der Grund, das Fundament des Bekenntnisses ist. Und das Bekenntnis schaut nach vorne in die Zukunft. Es hat eine Dynamik, eine Kraft, die vorwärts drängt und sich bekannt macht. Ein Bekenntnis ohne Öffentlichkeit gibt es nicht.

Der Hebräerbrief ermutigt, an dem Bekenntnis in der Gemeinschaft der Glaubenden festzuhalten. Das ist etwas, das uns in der gottesdienstlosen Zeit der vergangenen Wochen gefehlt hat. Wir konnten uns nicht in der Gemeinschaft miteinander im Glauben stärken, wir waren vereinzelt und oft hat uns das Telefon oder das Internet ein wenig über die zurückgefahrenen Kontakte hinweggeholfen. Aber es ist wichtig, sich gemeinschaftlich in dem zu vergewissern, was unserem Glauben und unserer Hoffnung Grund und Nahrung gibt. Wir kommen jetzt gerade von Ostern her, vom Fest der Hoffnung auf ein neues Leben.
Als Christen bekennen wir uns zu Jesus Christus, dem Auferstandenen, dem Lebendigen, der uns das Leben weitergibt. Das ist das christliche Bekenntnis.

Später wurde sprachlich das Wort „Bekenntnis“ oft auch als Konfession im Sinn einer Kirchenzugehörigkeit gebraucht. Aber von hier oben sehe ich keine Protestanten, Katholiken, Orthodoxe oder andere Konfessionen. Unser gemeinsames Bekenntnis hier heißt „Hoffnung“!

Eine Hoffnung, die uns von Gott gegeben, verheißen wurde und die abgesichert ist durch die Treue Gottes. Er bleibt seinem Wort, seiner Liebe zu uns Menschen und seinem Plan für unsere Welt, seiner Schöpfung treu. So sind wir in Gottes Augen allesamt Hoffnungsträger, weil etwas von der Hoffnung, die Gott in die Welt gibt, auch an jedem von uns stückchenweise haften bleibt. So mit Hoffnungs-Klebepunkten ausgerüstet, dürfen, ja sollen wir Hoffnungsträger in dem Sinn werden, dass wir Hoffnung weitertragen zu anderen Menschen.

Es ist gerade jetzt so wichtig, dass wir Hoffnung weitergeben an Kranke, an Einsame, an Helfer, die an ihrer Belastungsgrenze sind, an Menschen, die in dunklen Gedanken verharren. Und wir müssen lernen, ökumenisch zu hoffen, zu hoffen für die ganze Welt und für alle Menschen. Für die Menschen in unterentwickelten Ländern in Asien und Afrika, die von der Coronapandemie wegen der desaströsen medizinischen Versorgung viel schlimmer leiden werden als wir.

Wir müssen ökumenisch hoffen lernen, weil Hoffnung auf Öffnung zur Welt und Zukunft für alle zielt. Dabei sollen wir uns vor Schwärmerei und haltloser Utopie schützen, indem wir unsere Hoffnung gründen auf das, worauf unser Glaube zurückschauen kann, auf das Zeugnis so vieler Gläubigen vor uns, ein Zeugnis das sich in den Schriften der Bibel niedergeschlagen hat und zurückschauen auf unsere eigenen Erfahrungen mit Gott.

In den siebziger Jahren habe ich in Tübingen u.a. auch bei Prof. Jürgen Moltmann studiert. Er hat damals die Theologie der Hoffnung entwickelt und wie Johann Baptist Metz auf katholischer Seite den Weg für eine Kirche bereitet, die hellwach für die Zeichen der Zeit war und die Ärmel aufkrempelte um etwas zu bewegen, das den Menschen zu Gute kommt.Hoffnung macht wach und aktiv.

Und genau das braucht die Welt in und nach Corona. Es soll nicht einfach alles wieder „normal“ werden im Sinn von alles so wie früher. Es muss jetzt eine neues „Normal“ geben, das geprägt ist von unseren jüngsten Erfahrungen, Einsichten. Ein „Normal“, das den anderen wieder neu entdeckt und ein „Normal“, das erkennt, wie sehr die Menschheit und die ganze Schöpfung ein Umdenken braucht, damit wirklich alle guten Grund zu Hoffnung haben, einer Hoffnung, dass das neue „Normal“ ein besseres ist für alle ist. Dazu helfe uns Gott!

Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist denn unsere menschliche Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.

Pfarrer Lutz Martini
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