An(ge)dacht

Einfach alles?!

Liebe ist ganz schön anstrengend. Also natürlich ist sie auch schön und aufregend und zauberhaft. Vor allem am Anfang, wenn die rosarote Brille noch so festsitzt, wie eine Taucherbrille bei minus sechs Metern. Liebe ist anstrengend, weil sie viel von einem verlangt. Den anderen Menschen zum Beispiel so anzunehmen, wie er oder sie nun mal ist.

Für Paulus und die Gemeinde in Korinth war das oft ein ziemlicher Kraftakt. Dieses Lieben und den anderen zu akzeptieren, wie er nun mal ist. Paulus schreibt Brief um Brief an seine Lieblingsgemeinde in Griechenland. Diese Gemeinde, die voller Streithammel und Charakterköpfe war.

Am Ende seines ersten Briefes an die Gemeinde, zwischen Grußworten und Reiseplänen, ploppt plötzlich dieser eine Satz auf, der es immerhin zu unserer Jahreslosung 2024 geschafft hat.  Der Satz lautet: »Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.«  Menschen in Liebe zu begegnen, ist nicht immer einfach. Und ich kenne das ja auch, wenn ich mich über andere ärgere. Das Zähneknirschen, die Magenschmerzen, das aufkeimende Misstrauen und die lieblosen Worte, die manchmal einfach aus mir rauspurzeln.

Und wenn mir alles zu viel wird und ich nun wirklich gar keine Liebe aufbringen kann für mein Gegenüber, dann bete ich und spreche: »Gott, ich kann jetzt gerade nicht lieben, sei doch so gut und übernimm das für mich.«  Auch das ist Liebe. Selbstliebe. Nicht nur das, was ich anderen gegenüber tue, soll in Liebe geschehen, sondern auch das, was ich für mich selbst tue.

Ich weiß nicht, ob Paulus gehadert hat, als er diese Worte an die Korinther geschrieben hat. Ob er sich gedacht hat: Soll ich wirklich »Alles« schreiben? Würde nicht auch »ein bisschen was von dem, was ihr tut, geschehe in Liebe« ausreichen? Oder »Manches von dem, was ihr tut, geschehe in Liebe«?

Ich denke nicht, dass Paulus die Korinther überfordern wollte und auch nicht, dass die diesjährige Jahreslosung es mit uns machen will. Es geht eher um die Frage: Sehe ich mein Gegenüber?

Sehe ich die Ecken und Kanten, die Stärken und Schwächen, die Hochs und Tiefs, die es genauso in meinem Leben gibt? Und das, was mir nun beim Anderen mal mehr oder mal weniger gut gelingen mag, ihn in Liebe anzusehen und danach zu handeln, ist für die Welt schon schwieriger, in der Kriege toben, Sozialleistungen gekürzt werden, der Klimaschutz viel zu oft an den Katzentisch verbannt wird und wir Menschen uns oft genug gegenseitig zum Wolf werden.

Wo ist sie, diese langmütige Liebe, die nicht eifert, sich nicht aufbläht oder neidisch ist? Wo ist die Liebe, die nicht aufhört?

Ich will wahrlich nicht alles zudecken mit der Liebe Gottes, aber ich glaube ganz fest daran, dass Gott diese Spaltungen in der Welt sieht und sie mit uns zusammen aushält. Ich glaube auch daran, dass Gott in dieser Welt wirkt und dass ich das spüren kann.

Als Erinnerung daran schreibe ich den Satz: »Alles, was du tust, geschehe in Liebe« in meine To-Do Liste.  Dort kann der Satz dann bleiben und mich immer wieder daran erinnern, dass Liebe eben nicht nur etwas ist, was man fühlt, sondern auch etwas ist, was man tut (oder eben nicht tut).

In diesem Sinne bleibe die Liebe Gottes, die niemals aufhört, in euch und um euch herum.

Pfarrerin Laura Kadur

Zusammen mit der katholischen Gemeinde St. Franziskus Hochdahl wird es ab jetzt an jedem Wochenende einen Wochen-Impuls geben, gestaltet von den Seelsorgeteams der beiden Gemeinden. Eine tolle Idee und ein neues Stück gelebte Ökumene hier in Hochdahl. Hier finden Sie die Impulse der letzten Zeit.

Jahreslosung 2024

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