An(ge)dacht
»Wege entstehen dadurch, dass man sie geht«

Liebe Leserinnen und Leser,
»Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.« Dieser Spruch sprang mich vor einiger Zeit auf einer Spruchkarte an, und seither muss ich immer wieder daran denken. Manchmal begegnet er mir wieder in irgendeinem Kontext, manchmal zeigt mir das Leben genau diese Erfahrung.
Wie geht es Ihnen damit? Haben Sie auch schon so etwas erlebt, dass Sie dachten, dieses oder jenes ließe sich einfach nicht realisieren, es sei nicht praktikabel: Ein neues Berufsfeld, eine Aufgabe in der Familie, ein Projekt in der Gemeinde, vielleicht auch ein ganz persönlicher Weg, eine Entscheidung, die zu treffen war und deren Ausgang, wie auch immer man sich entscheidet, absolut im Ungewissen liegt…
»Wege entstehen dadurch, dass man sie geht« – ich stelle mir vor, auf einer Wanderung endet der Weg in mehreren Trampelpfaden, die sich uneindeutig fortsetzen, der eine durch die Heide mit einzelnen Trittstellen, die vielleicht einmal ein Weg waren, vielleicht aber auch einfach nur durch Tiere auf die aufragenden Grasbüschel getreten wurden; ein anderer führt in den Wald, ist aber ganz zugewachsen und mit Laub bedeckt, seine Fortsetzung ist ungewiss; oder sollte es vielleicht eher über diesen Bach gehen und dann drüben die Böschung hoch, um die Höhe zu gewinnen und einen freien Blick zu haben?
Wer hier keine Entscheidung trifft und es nicht einfach wagt, eine der Richtungen zu beschreiten, der wird noch lange dort stehen und nicht vorankommen. Einfach einen der Wege zu wählen, das bedarf schon einigen Mutes und braucht auch Risikobereitschaft. Aber alles ist besser, als einfach stehenzubleiben. Denn dann kommt man nie und nirgends an. Natürlich ist es gut, wenn man dabei nicht allein unterwegs ist. Mit anderen zusammen ist man mutiger. Man kann die Entscheidung gemeinsam treffen und sich gegenseitig helfen, wenn es schwierig wird. Andererseits kann die Gruppe die Sache auch komplizierter machen. Was, wenn die eine über die Heidebüschel will, ein anderer den waldigen Laubweg für aussichtsreicher hält, zwei weitere aber unbedingt die Sache mit dem Bach versuchen wollen?
Es wird nie eine Patentlösung geben. Weder, wenn es um Lebensentscheidungen geht, noch in der Gemeinde. Mancher Weg braucht wirklich Mut, wenn er zukunftsweisend sein soll. Liebgewordenes lässt sich nicht immer halten. Bewährtes kann manchmal mitgenommen werden, aber anders verpackt. Die neu entstandenen Wege kreuzen sich mit denen anderer Menschen. Neue Perspektiven entstehen. Manchmal muss vielleicht auch ein Weg verworfen werden, weil er nicht taugt. Trial and error. Wie es in der Jahreslosung 2025 heißt: »Prüfet alles und behaltet das Gute.« Also, Fehler dürfen gemacht werden; sie lassen sich ja korrigieren. So großzügig wie Gott mit unseren Fehlern ist, so dürfen auch wir mit uns selbst und denen sein, die mit uns unterwegs sind. In diesem Sinne: Lasst uns gemeinsam Wege wagen, im Vertrauen auf Gottes Geleit!
Seien Sie behütet!
Ihre Almut Hammerstaedt-Löhr
Zusammen mit der katholischen Gemeinde St. Franziskus Hochdahl wird es ab jetzt an jedem Wochenende einen Wochen-Impuls geben, gestaltet von den Seelsorgeteams der beiden Gemeinden. Eine tolle Idee und ein neues Stück gelebte Ökumene hier in Hochdahl. Hier finden Sie die Impulse der letzten Zeit.
Jahreslosung 2025

Verlag am Birnbach – Motiv von Stefanie Bahlinger, Mössingen
Mehr als nur ein Prüfauftrag
Paulus Aufforderung »alles zu prüfen und das Gute zu behalten« ist mehr als nur eine oberflächliche Überprüfung. Tauchen wir tiefer in den Kontext dieses Verses ein und entdecken, wie er uns in unserem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben Orientierung geben kann.
»Prüft alles und behaltet das Gute.« Ein kurzer Vers aus dem Brief an die Gemeinde in Thessaloniki. Paulus schreibt an die Gemeinde, bei der das Gemeindeleben funktioniert. Man hört nicht viel von Streit und doch fasst Paulus zum Ende des Briefes zusammen, wie Gemeinde funktionieren kann. »Prüft alles und behaltet das Gute.« Als Erstes ging mir durch den Kopf, dass ich prüfen soll – das hört sich für mich anstrengend an und: Was soll ich denn prüfen? »Alles« ist die Antwort.
Bei »Alles« fallen mir immer die Schüler ein, die auf die Frage: »Was hast du nicht verstanden?« antworten »alles«. Diese Antwort höre ich nicht gerne und von daher war die Aufforderung: »Prüfet alles« für mich schon eine riesige Aufforderung. Doch es geht weiter: »und behaltet das Gute«. Das gibt auf jeden Fall Hoffnung, dass Paulus der Meinung ist, dass ich Gutes finden könnte.
Auf jeden Fall wurde mir klar, dass ich nicht nur einfach diesen Satz in die Tat umsetzen kann, sondern wissen muss, in welchem Zusammenhang Paulus diese Worte benutzt.
In der Basisbibel sind die Verse mit »Anweisungen für das Leben in der Gemeinde« überschrieben. Dabei fällt mir auf, dass Paulus wieder alle im Blick hat. Denen, die in der Gemeinde arbeiten, sollen wir mit Dankbarkeit und Achtung begegnen, sie mühen sich ab und suchen nach Wegen, wie es der Gemeinde, allen Menschen, besser gehen kann. Dabei denkt er auch an die Schwachen, die Kranken, die Ausgegrenzten, – alle sollen wir im Blick haben und aufeinander hören, verzeihen und aufeinander achtgeben.
»Wenn ihr seht, dass jemand kein geregeltes Leben führt, weist ihn zurecht.« Da wird es schwierig, denn kann ich mich da zum Richter machen? Paulus glaubt daran, dass wir einander auch liebevoll zureden können, um Verhalten zu verändern. Aber davor steht »zuhören« und daran glauben, dass jeder das Gute im Sinn hat. Manchmal geht man auch selbst nicht gut mit sich um und dann ist es wichtig, dass Menschen da sind, denen das auffällt.
Im Zusammenhang von 1. Thessalonicher 5, 15-22: »Achtet darauf, dass niemand Böses mit Bösem vergilt. Bemüht euch vielmehr stets, einander und allen anderen nur Gutes zu tun. Freut euch immerzu! Betet unablässig! Dankt Gott für alles! Denn das ist Gottes Wille, und das hat er durch Christus Jesus für euch möglich gemacht. Unterdrückt nicht das Wirken des Heiligen Geistes. Missachtet die prophetische Rede nicht. Prüft aber alles und behaltet das Gute. Haltet euch vom Bösen fern – wie auch immer es aussieht.«
Da kann ich mit der Jahreslosung schon viel mehr anfangen. Da kann ich bei mir anfangen zu prüfen. Und mir wird klar, dass es die Welt besser machen würde, wenn ich das schaffen könnte. Wenn wir uns vornehmen, das im nächsten Jahr in die Tat umzusetzen, dann schenkt uns dieser Vers Hoffnung
- offen sein für Ideen, für das Wirken des Heiligen Geistes,
- einander zuhören und einander Gutes tun
- beten und danken
- sich vom Bösen fernhalten.
Dieser erste Eindruck von der Jahreslosung macht mich gespannt, welche weiteren Aspekte ich in diesem Jahr noch kennenlerne.
✏ Birgit Horlitz